Schmerzen beeinträchtigen die Lebensqualität aufs heftigste und sind damit die am schwersten zu ertragenden Symptome. Schmerzen zu beseitigen ist daher eine der vordringlichsten Aufgaben der Medizin. Aber was tun, wenn Schmerzmittel nicht helfen oder nicht vertragen werden?
Schmerzen treten im Körper immer dann auf, wenn die interne Kommunikation von Körperzellen unterbrochen wird. Der Schmerz entzündet sich an der Stelle, an der Fließbewegungen unterbrochen werden, und er appelliert an den Organismus, wieder für intakte Verhältnisse zu sorgen. Wenn wir Schmerz als einen Appell zur Wiederherstellung verstehen, begreifen wir, warum sich auch positiv mit ihm arbeiten läßt. Der Patient mit Erkrankung der Herzkranzgefäße, der durch körperliches Training an seine Belastungsgrenze herangeht, allerdings den schweren Brust-Schmerz als Grenze respektiert, der fördert die Fähigkeit zur Neubildung von Blutgefäßen und erspart sich möglicherweise eine Herzoperation (Bypass-Operation).
Die moderne Schmerzforschung fordert die schnelle und umfassende Bekämpfung von Schmerzen, bevor der Organismus sich an den Schmerz gewöhnt („Schmerzgedächtnis”). Diese Erkenntnis hat die Chinesische Medizin schon seit zweitausend Jahren: schmerzhafte Kommunikationsblockaden können zurückbleiben, auch wenn die den Schmerz herbeiführenden Ursachen keine Rolle mehr spielen. Die chinesische Sicht geht sogar noch einen Schritt weiter mit der Vorstellung, dieser Prozess hinterlasse stoffliche Spuren als Abfallprodukte („Schmerztoxine”), die wiederum die Fließprozesse behindern und Schmerzen erzeugen.
Nicht jede Maßnahme, die den Schmerz unterbindet, ist auch medizinisch sinnvoll.
Schmerzlindernd sind auch Maßnahmen, die den (physiologischen) Wunsch nach interner Kommunikation reduzieren.
Viele Therapien, die im Hinblick auf den Schmerz erfolgreich scheinen, beruhen auf erzwungener Resignation. Das Erfolgskriterium Schmerzbeseitigung muss deshalb kritisch begleitet werden; nicht jede Beseitigung eines Schmerzes ist als Therapieerfolg zu bewerten. Schmerztherapie ist aus chinesischer Sicht das Zusammenspiel von leitbahnbezogenen und systemischen Maß- nahmen.
Leitbahnbezogen wirken Akupunktur und physiotherapeutische Maßnahmen wie TuiNa oder Shiatsu. Diese Massagetechniken führen zur Verbesserung des Durchflusses und tragen dazu bei, das Hindernis aufzulösen. Ergänzend helfen die chinesischen Heilpflanzen, das Gewebe zu reinigen, Schmerztoxine abzubauen und das Immunsystem zu entlasten. Schmerztherapie ist immer anspruchsvoll, zeitraubend und muss individuell „auf den Leib geschneidert” werden.
Die Art der Grunderkrankung, der Schmerzcharakter, die Gesamtverfassung sind für die Wahl der Mittel entscheidend. Westliche und chinesische Schmerzbehandlung können von erfahrenen Therapeuten auch miteinander kombiniert werden.